Es ist eine bemerkenswerte Entwicklung: Noch vor wenigen Jahren mussten Erneuerbare Energien mühsam gefördert und ausgebaut werden, gegen erbitterten Widerstand und mit viel politischem Mut. Heute hingegen erleben wir eine paradoxe Wende: Nicht mehr die Erneuerbaren, sondern fossile Technologien wie 20 neue Gaskraftwerke sollen nun mit Milliarden über die zusätzliche Belastung des Strompreises gefördert werden. Das ist nicht nur ein ökologischer und vor allem wirtschaftlicher Irrweg, sondern auch ein Armutszeugnis für die politische Energiezukunft unseres Landes. – Ein Kommentar von Markus W. Voigt, CEO der aream Group SE.
Dass diese hohen Subventionen überhaupt notwendig sind, ist zunächst ein Zeichen dafür, wie wenige Stunden im Jahr die neue Gaskraftwerke aller Wahrscheinlichkeit nach gebraucht werden. Die Erneuerbaren Energien haben sich am Markt etabliert – trotz anfänglicher Skepsis, trotz politischer Bremsmanöver. Wind- und Solarenergie liefern heute zuverlässig Strom zu konkurrenzfähigen Preisen. Die benötigten Speicherlösungen, Sektorkopplung, Netzausbau und Netzintelligenz entwickeln sich stetig weiter. Die Energiewende ist keine Zukunftsvision mehr, sie ist längst Realität. Die deutsche Stromversorgung wird bereits lange vor der Fertigstellung der neuen Reservegaskraftwerke viel resilienter dastehen als heute, was einen großen Teil der Gaskraftwerke direkt überflüssig macht. Zudem wird Deutschland auch enger mit dem Ausland zusammengeschlossen und zusammenarbeiten, was eine grenzüberschreitende Planung der notwendigen Reserven möglich macht. Die vorgesehene Belastung von 2 Cent / kWh wird nur den Strom verteuern, aber unser System nicht zukunftsfähiger gestalten. Und genau deshalb sind die neuen geplanten Subventionen für fossile Kraftwerke so fragwürdig.
Denn diese Gelder fließen in eine Technologie der Vergangenheit. Gaskraftwerke sind nicht zukunftsfähig – weder klimapolitisch noch ökonomisch. Deutschland verfügt über keine nennenswerten eigenen Gasvorkommen und macht sich damit erneut abhängig von Importen mit allen geopolitischen Risiken, die das mit sich bringt. Nach dem teuren Ausstieg aus der russischen Gasabhängigkeit jetzt neue fossile Abhängigkeiten zu schaffen, ist widersinnig.
Zudem werden damit dringend benötigte Investitionen an anderer Stelle blockiert. Die eigentliche zentrale Herausforderung der Energiewende ist nicht die Stromerzeugung – sie ist längst erneuerbar möglich – sondern die Speicherung und Verteilung. Doch obwohl Speicher heute technisch ausgereift und wirtschaftlich ohne jede Förderung attraktiv sind, bleibt ihr Ausbau weit hinter dem Möglichen zurück. Nicht, weil das Geld fehlt, sondern weil es falsch verteilt wird. Während Gaskraftwerke Subventionen in Milliardenhöhe erhalten sollen, stapeln sich bei den Netzbetreibern die Anträge auf Speicherprojekte. Viele davon kommen wegen schleppender Genehmigungsverfahren und fehlender Netzanschlüsse nicht voran.
Die Subventionierung von Gaskraftwerken bedient vor allem die Interessen der fossilen Lobby – und soll zugleich die irrationalen Ängste in der Bevölkerung vor „Dunkelflauten“ beruhigen. Doch statt in überdimensionierte Backup-Kapazitäten zu investieren, sollte in die Stärkung dezentraler Strukturen, in Speicher, in Netzmodernisierung und in Lastmanagement sowie Kooperationen mit dem europäischen Ausland investiert werden. Das wäre deutlich effizienter.
Die Erfolgsgeschichte der Erneuerbaren ist eng mit ihrer Dezentralität verknüpft. Bürgerenergiegenossenschaften, kommunale Projekte, lokale Wertschöpfung: All das stärkt die gesellschaftliche Akzeptanz und sorgt für Teilhabe. Subventionen für zentrale Gaskraftwerke hingegen stärken eine veraltete Struktur, die auf wenige große Akteure und zentrale Steuerung setzt.
Noch ein Punkt: Während die Subventionen für Erneuerbare immer weiter reduziert wurden und weiter werden, weil die Technologien marktfähig geworden sind, ist bei Gaskraftwerken das Gegenteil zu erwarten. Der steigende CO₂-Preis wird ihre Betriebskosten massiv erhöhen und damit auch den Subventionsbedarf. Was heute als Sicherheitslösung verkauft wird, wird morgen zu einem milliardenteuren Fass ohne Boden werden.
So ist die Subventionierung von zu vielen Gaskraftwerken ein teurer, rückwärtsgewandter Irrweg. Sie behindert den notwendigen Umbau des Energiesystems, schafft neue Abhängigkeiten und verhindert Investitionen in die wirklich zukunftsträchtigen Technologien.
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