Der Stromhunger der Zukunft
22.10.2025, 12:02

Die Welt steht am Beginn einer neuen elektrischen Ära. Während früher Öl und Gas die industrielle Basis bildeten, wird in Zukunft Strom der entscheidende Energieträger sein: für Digitalisierung, Mobilität, Industrie und KI. „Der weltweite Strombedarf steigt rasanter, als viele Regierungen bisher wahrhaben wollen – vor allem die deutsche“, sagt Markus W. Voigt, CEO der aream Group. 

 

Ein Blick in die USA zeigt, was auf uns zukommt. Jahrzehntelang galt dort Energie als selbstverständlich billig. Doch inzwischen schauen viele Amerikaner genauer auf ihre Stromrechnung. Besonders in den Bundesstaaten mit stark wachsender Digitalindustrie explodieren die Preise. In Missouri, North Dakota oder New Jersey stiegen die Stromkosten im vergangenen Jahr um 30 bis 38 Prozent, teils sogar noch stärker. Der Grund: Die Stromnachfrage wächst schneller als das Angebot.

 

Der wichtigste Treiber dieses Anstiegs ist die künstliche Intelligenz. Laut Goldman Sachs werden Rechenzentren weltweit bis 2030 rund 165 Prozent mehr Strom benötigen als heute. Allein die großen US-Techkonzerne investieren über 700 Milliarden Dollar in neue Datenzentren – energiehungrige Anlagen, die Tag und Nacht laufen müssen. Der Strombedarf dieser Infrastrukturen steigt exponentiell. In den USA wird sich der Anteil des Stromverbrauchs durch Rechenzentren von heute etwa vier Prozent bis 2030 voraussichtlich mehr als verdoppeln.

 

Doch KI ist nur ein Teil der Geschichte. Weltweit elektrifizieren sich ganze Wirtschaftsbereiche. Fabriken ersetzen Gasbrenner durch elektrische Schmelzöfen, LKW-Flotten werden auf Batterieantrieb umgestellt, Privathaushalte installieren Wärmepumpen. Strom wird zum Rückgrat der Wirtschaft. „Doch dieses Rückgrat wird in Deutschland massiv und mit Absicht geschwächt“, sagt Voigt.

 

„So überrascht es, dass die deutsche Wirtschaftsministerin Katherina Reiche kürzlich eine deutlich langsamere Zunahme des Strombedarfs prognostiziert hat“, so Voigt. Nach neuen Regierungsannahmen soll der Stromverbrauch bis 2030 bei rund 680 Terawattstunden (TWh) liegen – also kaum höher als in früheren Schätzungen von 2021. Das Bundeswirtschaftsministerium geht damit von einem Zuwachs von lediglich rund 15 Prozent aus, während unabhängige Studien – etwa von Agora Energiewende und dem Fraunhofer-Institut – 850 bis 900 TWh für realistisch halten.

 

„Diese Diskrepanz ist mehr als eine technische Fußnote, sie ist eine politische Weichenstellung“, sagt Voigt. Denn wer den Bedarf zu niedrig ansetzt, schafft weniger Druck für den Ausbau der Erneuerbaren. „Mit zu niedrigen Zahlen lässt sich leicht argumentieren, dass die bestehenden Ausbauziele ausreichen“, so Voigt. In Wahrheit aber bedeute das: zu wenig Windkraft, zu wenig Photovoltaik, zu wenig Speicher, zu wenig Strom für eine wachsende Wirtschaft. Und dazu kommen dann, um alles noch schlimmer zu machen, auch noch steigende Preise. Die USA zeigen: Wenn der Strombedarf schneller steigt als die Erzeugung, schnellen die Preise nach oben. Unternehmen wie private Haushalte tragen die Last. „Es wäre fatal, denselben Fehler in Deutschland zu wiederholen“, sagt Voigt. 

 

Der Strombedarf ist kein theoretisches Szenario. KI-gestützte Produktion, Elektromobilität, Wärmepumpen und digitalisierte Infrastruktur benötigen gigantische Mengen Energie. Nur eine Beschleunigung des Ausbaus kann sicherstellen, dass diese Energie sauber, bezahlbar und verfügbar bleibt. Dazu gehören schnellere und in der Zahl gesteigerte Genehmigungen von Wind- und Solarkraft, die Modernisierung der Netze, der Aufbau von Speichern und die Verknüpfung der Sektoren. „Gebraucht werden Planungsbeschleunigung, Investitionssicherheit und eine Energiepolitik, die nicht auf alten Annahmen basiert, sondern auf realem Bedarf“, so Voigt.

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